Vermännlichung – Definition
Die Begriffe Vermännlichung, Androgenisierung und Virilisierung sind Synonyme und beschreiben alle dasselbe Phänomen. Bei einer Frau kommt es zu einer Virilisierung, also einer Vermännlichung, wenn vermehrt männliche Sexualhormone (Androgene) produziert werden. Die vermehrte Produktion von Androgenen wirkt sich auf den weiblichen Körper aus und geht mit Symptomen wie vermehrtem Haarwuchs einher. Die männlichen Sexualhormone sind grundsätzlich für die Entwicklung von primären bzw. sekundären Geschlechtsmerkmalen beim männlichen Geschlecht zuständig. Auch der weibliche Körper produziert im gesunden Zustand in geringen Maßen Androgene. Nimmt diese Produktion jedoch zu und treten Symptome auf, spricht man von einer Androgenisierung.
Was sind mögliche Ursachen und Auslöser?
Bekannt ist die Virilisierung einer Frau in Zusammenhang mit der Einnahme von Anabolika, also Mitteln, welche die Proteinbiosynthese im Körper ankurbeln und so zur Bildung von Muskelmasse beitragen sollen. Anabole Steroide enthalten Androgene, wodurch es bei der Einnahme durch ein Überangebot an männlichen Geschlechtshormonen zu einer Vermännlichung der Frau kommen kann.
Die Ursache einer Androgenisierung kann auch eine Tumorerkrankung sein. Es kommt jedoch nur äußerst selten vor, dass ein Tumor selbst Androgene produziert und es so zu einer Androgenisierung der erkrankten Frau kommt. Leidet eine Frau aufgrund eines Tumors unter einer zunehmenden Androgenisierung, sind entweder die Eierstöcke, die Nebennieren oder die Hypophyse im Gehirn betroffen. Die Hypophyse ist ein spezieller Teil des Gehirns, welcher für die Regulation der Androgenproduktion im weiblichen Körper zuständig ist.
Liegt ein Tumor an der Hypophyse vor, kann es zu einer Überstimulation des Regulationssystems kommen, sodass die Hypophyse die Eierstöcke bzw. die Nebennieren zu einer vermehrten Produktion von Androgenen anregt. Auch ein Tumor an den Eierstöcken bzw. den Nebennieren kann zu einer Virilisierung führen, da diese Organe für die Freisetzung von männlichen Geschlechtshormonen in die Blutbahn zuständig sind. Darüber hinaus gibt es noch eine Reihe von funktionellen Störungen des weiblichen Körpers, welche zu einer Vermännlichung führen können. Dazu gehört zum Beispiel eine erhöhte Sensibilität auf Androgene, dabei werden nicht zu viele männliche Geschlechtshormone produziert, aber die Wirkung auf den Körper ist verstärkt. Nicht selten sind auch Enzymdefekte für eine Androgenisierung verantwortlich.
Symptome und Auswirkungen der Vermännlichung
Eine Virilisierung führt typischerweise zu einer stärkeren Ausprägung von männlichen Merkmalen in Frauen. Dazu gehört unter anderem der übermäßige Haarwuchs, auch Hirsutismus genannt. Unter dem Einfluss der männlichen Geschlechtshormone nimmt die Körperbehaarung der Frauen nicht unbedingt zu, vielmehr wandeln sich bereits vorhandene, kaum sichtbare Haare in so genannte Terminalhaare um. Terminalhaare sind dicker und dunkler, wodurch sie mehr auffallen. Betroffene Frauen leiden dann unter Bartwuchs und deutlicher Behaarung an Stellen wie dem Brustbereich oder dem Rücken.
Während die Körper- bzw. Gesichtsbehaarung scheinbar zunimmt, fallen die Kopfhaare oft aus oder werden sehr dünn. In diesem Zusammenhang spricht man von der so genannten androgenetischen Alopezie, einem Haarausfall, der durch die männlichen Geschlechtshormone hervorgerufen wird. Sehr häufig leiden Frauen, die von einer Virilisierung betroffen sind unter unreiner Haut. Durch die Wirkung der Androgene stellen die Talgdrüsen in der Haut vermehrt Talg her, wodurch die Hautporen verstopfen und sich entzünden.
Typische körperliche Veränderungen bei dieser Erkrankung sind auch eine Zunahme an Muskelmasse sowie eine Vergrößerung der Klitoris, eine so genannte Klitorishypertrophie. Während sich die männlichen Körpermerkmale verstärken, nehmen die weiblichen Merkmale ab. Die Brüste verkleinern sich und die Regelblutung bleibt aus. Von einer Virilisierung betroffene Frauen sind einer großen psychischen Belastung ausgesetzt. Bereits erste Anzeichen einer Vermännlichung (z.B. Bildung eines Oberlippenbartes) sind sehr unangenehm für Frauen. Nicht selten leiden Betroffene unter Depressionen, einem verminderten Selbstwertgefühl und sind sozial isoliert.
Wie erfolgt die Diagnose?
Die Diagnosestellung besteht meist aus einem Bluttest. Dabei wird die Konzentration verschiedener Hormone im Blut labortechnisch bestimmt. Im Rahmen eines Patientengesprächs und einer körperlichen Untersuchung dokumentiert der behandelnde Arzt außerdem den Grad der Vermännlichung sowie mögliche Ursachen. Besteht der Verdacht auf eine Tumorerkrankung, kommen bildgebende Verfahren zum Einsatz. Durch eine Ultraschalluntersuchung bzw. eine Computertomografie können Veränderungen von Organen festgestellt werden. Vermutet der behandelnde Arzt einen Hypophysentumor oder können keine anderen Ursachen gefunden werden, wird eine Magnetresonanztomografie des Kopfes durchgeführt.
Was können betroffene Frauen selbst tun und welche Therapiemöglichkeiten gibt es?
Bei der Behandlung der Virilisierung wird zwischen einer ursächlichen und einer rein symptomatischen Therapie unterschieden. Die ursächliche Therapie zielt darauf ab, die Grunderkrankung zu behandeln. Dazu gehört zum Beispiel das Absetzen von anabolen Steroiden. Liegt eine Tumorerkrankung vor, geht die Androgenisierung bei erfolgreicher Behandlung danach von selbst weg. In vielen Fällen ist die Behandlung einer Virilisierung langwierig, da oftmals die Ursachen nicht genau bekannt sind. Werden zu viele Androgene im weiblichen Körper produziert, kann eine Hormontherapie vielversprechend sein. Die Einnahme von Hormonen (z.B. der Antibabypille) ist jedoch eine rein symptomatische Behandlung, da bei Absetzen der Medikamente die Probleme erneut auftreten.
Ohne Hormontherapie müssen die verschiedenen Symptome einzeln behandelt werden. Bei schwerer Akne können oral Antibiotika eingenommen und spezielle Hautpflegeprodukte verwendet werden. Im Falle von verstärkter Körperbehaarung können Verfahren wie Laserhaarentfernung zum Einsatz kommen. Die Therapie einer Virilisierung ist sehr komplex und muss individuell auf die Bedürfnisse der Patientin abgestimmt werden. Bis auf den Verzicht auf Anabolika können Frauen eigentlich kaum etwas tun, um eine Virilisierung zu verhindern bzw. selbst zu therapieren.