Häufig ist Fingernägelkauen bloß eine unhygienische, aber relativ harmlose Angewohnheit. Doch was, wenn mehr dahintersteckt? Tatsächlich können dem Verhalten schwerwiegende psychische oder psychophysische Ursachen zugrunde liegen. Während zur Behandlung relativ unbedenklicher Arten des Nägelkauens einfache Gegenmaßnahmen eingesetzt werden, ist ein tiefgehender Check mit der Folge einer adäquaten Psychotherapie in gravierenden Fällen unumgänglich.
Drei Arten des Nägelkauens
Grundsätzlich unterscheidet man drei Arten des Nägelkauens:
A: Gelegentliches Kauen: Betroffene kauen nur manchmal an ihren Nägeln. Normalerweise geschieht dies bewusst und willentlich, etwa zur Entfernung störender Ecken.
B: Regelmäßiges Kauen: Betroffene knabbern immer wieder an ihren Nägeln. In der Regel handelt es sich um ein Kompensationsverhalten in unangenehmen (Stress-)Situationen.
C: Exzessives Kauen: Betroffene beißen ihre Nägel zwanghaft bis zum Nagelbett herunter. Dies kann unbewusst, aber auch bewusst – als selbstverletzendes Verhalten – geschehen.
Vielfältige Ursachen
Je nach Art des Nägelkauens sind unterschiedliche Ursachen möglich. Bei „Gelegenheitskauern“ rufen oftmals Problemstellen an den Nägeln, die sich nicht sofort mit einem angemessenen Hilfsmittel (Feile, Nagelschere oder -zwicker) beseitigen lassen, das Verhalten hervor. Um den Makel unmittelbar zu „korrigieren“, werden die eigenen Zähne als Werkzeug benutzt. Mitunter kann das gelegentliche Knabbern in regelmäßiges Kauen münden.
Menschen, die regelmäßig an ihren Nägeln kauen, haben die Handlung meist schon verinnerlicht. Für diese Personen fungiert das Nägelbeißen als beruhigendes Gegenmittel in Momenten, die als anspannend oder belastend empfunden werden. Typische Beispiele für solche Situationen sind Prüfungen, Zeitdruck in der Arbeit und Arztbesuche.
Denselben – kompensierenden – Zweck hat das Fingernägelknabbern bei den exzessiven Kauern. Allerdings leiden diese häufig an einer psychischen bzw. seelischen Grunderkrankung. Exemplarisch sei ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) erwähnt: Betroffene nutzen das Nägelkauen zur Überbrückung geistiger Leerlaufphasen, die mit innerer Unruhe einhergehen. Auch Tic- und Angststörungen können das Verhalten begünstigen.
Potenziell wirksame Gegenmaßnahmen
Die potenziell wirksamen Gegenmaßnahmen hängen wiederum von den Arten und Ursachen des Kauens ab. Bei Personen, die gelegentlich oder regelmäßig ihre Nägel abknabbern, kommen etwa übel schmeckende Tinkturen in Form von Nagellacken infrage. Vor allem jene Menschen, die weitestgehend unbewusst an ihren Fingernägeln kauen, werden durch das Mittel erst auf ihr Verhalten aufmerksam – und in die Lage versetzt, es zunehmend bewusst(er) zu vermeiden.
Generell ist es für die Betroffenen wichtig, ihr Problem zu kennen. Nur mit dem nötigen Wissen um die Auslöser und Ursachen lässt sich die (wiederkehrende) Handlung allmählich abstellen. Bei der Eigenanalyse helfen ausführliche Informationsportale zum Thema Nägelkauen die umfassend über die Formen, Ursachen, Folgen und Behandlungsoptionen informieren.
Nur in gravierenden Fällen, also beim exzessiven Beißen, ist eine Psychotherapie unbedingt erforderlich. Durch das Verhalten ruiniert man sich nicht nur sein optisch-hygienisches Erscheinungsbild, sondern gefährdet auch seine körperliche Gesundheit. Gearbeitet wird vordergründig an der Haupterkrankung, also der psychischen Störung. Zusätzlich erfolgt das „Habit-Reversal-Training“ nach Azrin und Nunn (1973), um dem Nägelbeißen entgegenzuwirken.
Fazit
Auch wenn die „Gelegenheitskauer“ das Gros der Nägelbeißer bilden, ist die Verhaltensweise, die Erwachsene ebenso betreffen kann wie Kinder, niemals eine Lappalie. Man sollte die Handlung ernst nehmen und aktiv dagegen vorgehen. Dazu gehören die Bewusstmachung der Gewohnheit, die detaillierte Ursachenforschung und zu guter Letzt die Anwendung einer Gegenmaßnahme, die im individuellen Fall Erfolg verspricht.